Mohamed Mbougar Sarr, Literature, 2020

*1990 in Dakar, lebt in Paris 

Mohamed Mbougar Sarr ist im Senegal geboren und besuchte dort das Collège und Lycée an einem Militärinstitut. Anschließend studierte er Literatur und Philosophie in Paris, wo er sich mit post- und dekoloniale Werken und Ideen auseinandersetze. Mohamed Mbougar Sarr hat bereits drei Romane veröffentlicht, in denen jeweils die Komplexität bestimmter aktueller Umstände an verschiedenen Orten hinterfragt wird (Terrorismus in Westafrika, Gastfreundschaft (oder auch nicht) gegenüber Immigranten in Sizilien, Homosexualität im Senegal) – im MIttelpunkt seiner schriftstellerischen Praxis stehen das politische, gesellschaftliche Zeitgeschehen. Derzeit liegt sein Fokus auf der Literatur selbst: ihrer Macht, ihren Möglichkeiten, ihrem Versagen, ihren Geheimnissen. Welche Erwartungen haben Menschen an eine/n Schriftsteller*in und welche Erwartungen hat der/die Schriftsteller*in an die Literatur?

Berlin-Stipendium

What Matters

Werkpräsentation 2022

„What Matters“ – „Was zählt“ war die Frage und zugleich Statement der Werkpräsentation 2022 der JUNGEN AKADEMIE, dem interdisziplinären und internationalen Artist-in-Residence-Programm der Akademie der Künste. In einer Ausstellung und einem vielfältigen Programm mit Screenings, Konzerten und Lesungen präsentierten 29 Stipendiat*innen aller Kunstsektionen der Akademie Sound- und Videoinstallationen, Fotografien, Skulpturen, Gemälde und Performances, die sie während ihrer Atelieraufenthalte im Hansaviertel in Berlin und der Villa Serpentara in Olevano, Italien entwickelt haben.

„What Matters“ ist nicht als Titel einer thematischen Ausstellung zu verstehen, sondern verweist auf die Vielfalt von Fragestellungen, Perspektiven und Realitäten, die sich in einer Künstler*innenresidenz verflechten und betont ihre Dringlichkeit. Die Ausstellung stellte die individuellen Ansätze der Künstler*innen in den Fokus, die um ein breites Themenspektrum kreisen: von Fragen zur Transformation von Gesellschaften und deren Ausdruck im Verhältnis von urbanem Raum und Landschaft über die Wechselbeziehung von Individuum und gesellschaftlichen Systemen wie Staat, Religion und Ökonomie bis hin zu Reflektionen über Körper- und Geschichtsbilder, persönliche Archive und das Ineinandergreifen von Natur, Technologie und Kultur.

Was zählt, sind künstlerische Zeug*innenschaft, poetischer Widerstand und das Imaginieren nachhaltiger Zukünfte im Angesicht globaler Kippmomente – ob klimatischer oder politischer Natur. Nach zwei Jahren Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen war „What Matters“ die bisher umfangreichste Werkpräsentation der JUNGEN AKADEMIE.

In den Worten eines Stipendiaten: „What matters? Make them see…”

The Invention of a Prophecy

Sound-Lecture-Performance

Mitte des 20. Jahrhunderts, in einem Serer Dorf im Senegal, erzählte man sich, dass ein Mann einmal eine Prophezeiung über einen seiner Enkel verkündete. Fünfundsiebzig Jahre später versuchte einer dieser Enkel, ein Schriftsteller, die wahre Bedeutung der Geschichte zu ergründen. Vielleicht ist die Prophezeiung wahr, vielleicht wurde sie einfach nie ausgesprochen, oder vielleicht veränderte sie sich im Laufe der Zeit. Doch das ist nicht das Wichtigste. Das Wesentliche daran ist, dass die Vision der Ursprung einer zeitgenössischen poetischen Schöpfung wurde, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Literatur und Musik, Wahrheit und Mythos in sich vereint. Möglicherweise sind die wahren Prophezeiungen durchweg frei erfunden, was nicht bedeutet, dass sie unwahr sind. Aber um ihre tiefere Botschaft begreifen zu können, müssen wir sie vielleicht (neu) erfinden.

Text: Mohamed Mbougar Sarr

Musik: Francisco Alvarado